Riechen und Konzentration

Riechen ist für uns Menschen eine wichtige Sinneswahrnehmung. In unserer geschützten Zivilisation, in der wir leben, ist das Riechen jedoch zur Randwahrnehmung geschrumpft und wir messen ihm oft nur noch wenig Bedeutung bei.
Im folgenden Text möchte ich das Riechen und die Konzentration einmal in Zusammenhang stellen und wünsche viel Freude beim Lesen.

Für den LERNORT
Martin Fischer

Ein Mädchen riecht intensiv mit geschlossenen Augen einem schön blühenden Baumn

Das Riechen

Heute im Informationszeitalter scheint es, dass der Geruchssinn keine mehr oder nur noch eine kleine Rolle spielt. Sehen und Hören haben dem Riechen den „Rang“ abgelaufen, denn viele Informationen werden durch diese weitergegeben. Und erst wenn ein Schnupfen oder anderes die Nase so verstopft, sodass wir nichts mehr riechen, merken wir, wie viele Wahrnehmungen uns plötzlich fehlen.
Schauen wir in die Tierwelt, so wird sehr schnell klar, wozu der Riechsinn dort gebraucht wird und wozu der Mensch diesen einst und teilweise auch noch heute braucht.
Die Wahrnehmung von Gefahr, die Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder Rudel, die Auswahl des Futters oder Essens, die Wahrnehmung, ob etwas verdorben ist, all das sind die Aufgaben des Riechen seit jeher.
Vieles davon vernachlässigen wir durch das Leben in einer geschützten Zivilisation und verlassen uns beim Verzehr von Speisen lieber auf ein Haltbarkeitsdatum, als unsere Nase zu bemühen.

Der Geruchssinn ist von allen menschlichen Sinnen der komplexeste chemische Sinn, den wir haben.
Unter unserer Nasenschleimhaut befinden sich auf etwa fünf Quadratzentimetern zwischen 10 und 30 Millionen Nervenzellen, die sich alle vier bis sechs Wochen erneuern und Rezeptoren für zirka 400 verschiedene Duftstoffe besitzen. Duftmoleküle docken dort nach einem Schlüssel-Schloss-Mechanismus an und erzeugen dadurch ein Signal, das über den Riechnerv sofort (und ohne Umweg über das Großhirn/Bewusstsein!) zu einer der ältesten Gehirnregionen, dem limbischen System, weitergeleitet wird.

Eine Grafik zeigt das olfaktorische System

1: Riechkolben 2: Nervenzelle 3: Siebbeinplatte 4: Nasales Epithel 5: Riechknötchen 6: Zellen mit Duftrezeptoren

Quelle: Olfactory system by Patrick J. Lynch, medical illustrator

Riechen und Konzentration

Anders als zum Beispiel beim Sehen ermüden wir durch die Tätigkeit des Riechens nicht. Die Gerüche, zu den wir eine besondere Beziehung oder Erinnerung haben, sind sehr individuell bei jedem Menschen, sie beruhen meist auf seinem individuellen „Erfahrungsschatz“ und wirken erst ein mal direkt über das limbische System ohne Einbeziehung anderer Gehirnpartien. Viele Organe im Menschen haben eine direkte und unmittelbare Verbindung zum limbischen System und je nachdem, mit was das limbische System den aufgenommenen Geruch verbindet, werden die menschlichen Organe beeinflusst und zum Beispiel in eine größere Aktivität versetzt.

Eine Grafik zeigt den Aufbau des limbischen Systems
das limbische system

Quelle: Blausen.com staff (2014). „Medical gallery of Blausen Medical 2014

Gleichzeitig schärft das limbische System die Sinne nach einer Riechwahrnehmung so, dass man es auch bei Kindern als Therapie einsetzen kann, die unter ADHS leiden. Verstärkend kommt hinzu, dass auch der Frontallappen im Gehirn durch das Riechen angeregt und aktiviert wird.
Regionen des Frontallappens wählen für eine Handlung notwendige Bewegungen aus, während andere Regionen diese steuern.

Riechen macht erst einmal wach! Jedenfalls wenn plötzlich ein neuer Geruch auftaucht beginnt das limbische System mit Wachheit die Voraussetzung zu schaffen, dass wir nach dem Riechen auch reagieren können. Dieses ist, wenn die Konzentration nach einiger Zeit nachlässt, eine gute Möglichkeit, noch einmal seine Konzentration wachzurufen.

Gerüche, mit den wir etwas Positives verbinden und die bei uns Freude auslösen, wirken sich auch positiv auf das Lernen aus. Denn das Lernzentrum und der Bereich im Gehirn, der für die Freude zuständig ist, liegen im Gehirn sehr nah beieinander oder sind sogar dieselben Bereiche (darüber gibt es scheinbar noch Streit bei den Fachleuten). Aus diesem Grund ist Lernen mit Freude nachhaltiger, leichter und ermüdet uns nicht so schnell, bzw. erfrischt uns, die Konzentration und das dazugehörige Denken.

Sinne und ihre Bedeutung für den Menschen

Das Auge ist meist das Sinnesorgan, welches die Menschen am wichtigsten finden. Bei der visuellen Wahrnehmung sind wir jedoch nicht bei uns, sondern tasten mit den Augen Konturen und Formen wie ab, sind also außerhalb.

Das Hören erschließt uns eine andere Dimension unseres Objektes. So können wir zum Beispiel durch Klopfen wahrnehmen, wie die innere Beschaffenheit des Objektes ist.

Riechen schafft mir eine Wahrnehmung für das, was um mich ist oder war. Anders als bei Sehen bin ich nicht außer mir sondern hole die Wahrnehmung zu mir heran. Im Vergleich zum Schmecken ist das Riechen der seelisch-geistige Anteil, der sich mit der Umgebung auseinandersetzt und nicht mit dem Stoff.

Durch das Schmecken eröffnet sich uns die Möglichkeit, zu erfahren, was ich stofflich aufnehme und ob es gut für mich ist. Beim Kauen erfahren wir, ähnlich wie durch das Klopfen beim Hören, etwas von der inneren Beschaffenheit des Objektes, denn durch das „Zerkleinern“ schaffen wir die Möglichkeit, in das Objekt hinein zu schmecken.

Meine Erfahrung mit dem Riechen

Ich selber habe mit den Riechgläsern gute Erfahrungen gesammelt. Bei Ermüdung hilft mir der Geruch aus dem Glas, an dem ich mehrfach rieche, sehr, die Konzentration über einen längeren Zeitraum wieder aufzufrischen. Auch mit Kindern, die während einer Stunde müde werden, habe ich das Riechen schon mit viel Erfolg angewendet.
Eine Möglichkeit ist ein Riechspiel, das im Einzelunterricht gerne gespielt wird, bei dem die Kinder mit geschlossenen Augen an den Gläsern riechen und sagen, was sich im Glas befindet.
Eine andere Möglichkeit ist es, den Kindern ihren ausgesuchten Lieblingsgeruch mitzugeben, an dem sie in der Schule oder bei den Hausarbeiten selbstständig riechen können, wenn sie merken, dass sie ermüden.

Dufte Schule

Der Autor Axel Meyer hat in den letzten Jahren Erfahrungen im Bereich gesunder Ernährung, ganzheitlicher Lebensweise und Aromatherapie gesammelt. Aus der Aromatherapie ging sein Schulversuch „Dufte Schule“ hervor, in dem der Autor der Frage nachging, ob der bekannte Schulduft der Marke: Kreideschwammturnschuhbohnerwachs sich nicht durch eine konzentrationsfördernde Mischung von Lavendel/Orange u. a. ersetzen ließe.

Im Verlauf von 4 Jahren haben 30 Schulen mit 800 Schülern sowie Eltern und Lehrern an seinem Projekt mitgewirkt. Es wurde zur Erfolgsgeschichte. Viele Schulen meldeten Bedarf an, konnten aber nicht mehr aufgenommen werden.

Die Duftmischung aus Orange, Lavendel und Zitrone gewährte den optimalen Erfolg, um ruhige Kinder zu aktivieren und zur Hyperaktivität neigende Kinder zu dämpfen.

Die Erfahrungen seines Projektes beschreibt Axel Meyer sachkundig in seinem Buch „Dufte Schule“.

Fazit

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass beim Einsatz von Düften auf allen Ebenen Verbesserungen erzielt werden konnten und das Riechen und Konzentration/Lernen einen Zusammenhang haben.

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